„Dein Ort für Sport“ ist der Slogan meines Fitnessstudios, ein vereinsgeführter roter Kasten vor den Toren Kölns. Ja, im Moment,…
„Sie haben schöne Beine. Leider leichte X-Beine.“ Wo hört man so etwas? Beim Model-Casting? Beim Anprobieren kurzer Röcke in der Boutique? Nein. In der orthopädischen Praxis. Vom Orthopäden. Ich habe in meinem geliebten Blog furchtbar lange nichts geschrieben, weil für ein halbes Jahr mein Leben aus Terminen bei Kliniken, Orthopäden, Akupunkteuren, Physiotherapie-Sessions, neuerdings Ergotherapie-Sessions, noch mehr Arztterminen, OPs und was einem sonst noch in dieser deprimierenden Kette von medizinischem Schlechte-Laune-Wording einfallen mag, bestand.
„Ihr Knie ist so: What the fuck!“, sagt der Oberarzt, der fast zwei Monate zuvor eben jenes operiert hat. Ich sehe diesen Mann mittlerweile häufiger als alle engen Freundinnen und Freunde zusammen. Nach der OP hat dieses Knie einen Weg eingeschlagen, den der Arzt nicht hat kommen sehen. Und ich schon gar nicht.
Jetzt also die Knie. Vor zwei Jahren hat mich der Fuß geplagt, und das war der Anfang einer großen Veränderung. Auf dem Fuße folgen die Knie. Um den Fuß zu schonen, trainiert man weniger, belastet weniger, latscht aber weiterhin ganzjährig durch Feld, Wald und Flur, unterfüttert und gepolstert durch dicke orthopädische Einlagen in den Wanderschuhen – und macht sich dennoch die Knie malad.
Hält das Knie, hält es nicht, wie lange hält es, wie sehr kann ich es belasten, kann ich bergab gehen,…
Südtirol, mein Sehnsuchtsort. Damit war ich noch nie allein, und in den letzten Jahren bin ich damit noch weniger allein. Am Abend vor meiner Anfahrt schaute ich eine Reportage von 2022, in der es darum geht, dass Südtirol der Geister in Form von Touristen, die es rief, nicht mehr Herr wird. Ich bin 2023 mittendrin.
Als alles vorbei ist, fällt der Groschen. Die Freundin und ich stapfen nicht mehr auf Schwarzwald-Wanderwegen nebeneinander her wie die letzten Tage über, sondern wir sitzen nebeneinander im Auto auf der A5 zurück nach Köln. Am Tag zuvor kämpften wir uns bei Hitze die Schlussetappe der Murgleiter von Baiersbronn auf den Schliffkopf empor. Kurz vor Schluss kommen wir an einer zugewachsenen Stelle mit Infotafel vorbei. Jetzt, im Auto, geht mir auf: Das war die Murgquelle! Und die Murgleiter heißt so, weil man von Gaggenau aus murgaufwärts der Quelle in fünf Etappen entgegensteigt.
Ein toter Feuersalamander, zwei bis drei Greifvögel, ein Reh: Die Fauna-Quote in fünf Wandertagen im Nordschwarzwald ist durchaus ausbaufähig. Vielleicht haben die Viecher hier aber noch so viel Ausweichraum jenseits des Menschen, dass der eben bei seinen Wanderungen nicht viel von ihnen mitbekommt. Es wäre ihnen jedenfalls zu wünschen. Aber auch Zweibeiner treffen wir, wie schon die Tage zuvor, kaum auf dieser Murgleiter-Wanderung.
Eiskaffee hatte es schon gegeben, Kuchen auch und, wie das bei Wanderungen im Sommer so ist, hektoliterweise rucksackwarmes Wasser. Außerdem Kirschen, im Garten der Hoteliers selbst geerntet. Einmal ging´s gut, beim zweiten Mal – heute – zur Mittagspause Enttäuschung: ein Plastikschüsselchen rot-weiß gesprenkelten Inhalts im Rucksack, Kirschen mit reichlich Maden dran und drin. Dafür gibt es am vorgezogenen Etappenende endlich ein Stück Schwarzwälder Kirschtorte. Diesem Kuchen gewordenen Frevel aus Schweinereien sehne ich mich schon seit Aufbruch in Köln vor einigen Tagen entgegen.
Mit Biosauna geht es los bei Etappe drei, es hat geregnet in der Nacht, am Morgen herrschen geradezu tropische Gewächshaus-Bedingungen. Das Wasser läuft am Körper herunter, als säße man im Dampfbad. Dazu fast vier Stunden kontinuierlich bergauf, 1100 Höhenmeter insgesamt. Wir schwitzen der Schwarzbachtalsperre, dann dem Seekopf und der Badener Höhe, später dem Hochkopf entgegen. Aber alles lohnt sich, und zum ersten Mal sind auf der heutigen Etappe des Westwegs die Wege richtige Wald-, Fels-, Stock- und Stein- (roter Buntsandstein-)Wege.









