Booster-Impfung in der Pizzeria. Klar. Treten wir einen Schritt zurück, schließen wir die Augen und stellen uns kurz vor, ich hätte im Dezember 2019 erzählt, dass ich mich sonntags in einer Pizzeria am Kölner Chlodwigplatz impfen lasse. Besorgte Freundinnen und betroffene Kollegen hätten daraufhin bestimmt ein paar Tonlagen tiefer sehr langsam beruhigend mit mir gesprochen. Im Dezember 2021 wundert das niemanden, überhaupt nicht, vielmehr werden Parallelangebote in der Ubierschänke ein paar Schritte weiter aufgetan.
„Ein unplausibler Zählerstand, der nicht in Ihr Verbrauchsbild passt“ – das steht in einem Schreiben von November 2021 an die „sehr geehrte Dame“, in dem Fall ich, vom Netzbetreiber. Von dem hatte ich bislang außer im Zusammenhang mit nur schleppend eingerichteten Ladesäulen für E-Autos nichts gehört. Das war die bessere Zeit. Nicht für die E-Autos, aber für mich. Seit das Briefchen auftauchte, bin ich in einem Korsett aus Zählerständen, Hotline-Warteschleifen und ins Nichts führenden Verweisen gefangen.
„Wenn euch die Hand Gottes berührt, könnt ihr aufhören“. Es war mal wieder Freitag, also: Kraulkurs! Der Trainer überprüfte mit diesem Satz bei den rund zehn Kraullernwilligen, die wir sind, die Atemtechnik. In meiner grenzenlosen Naivität hatte ich bei Buchung des Kurses im Herbst angenommen, man lerne in einem Kraulkurs, der sich über fast zwei Monate hinzieht, im Schwimmerbecken das Schwimmen mit der Kraultechnik. Zumal man ja grundsätzlich schon schwimmen kann.
Manche Geschichten kann wirklich und ausschließlich nur das Leben schreiben. So wie diese über Begegnungen im Blumenladen in der Mittagspause. Mit meiner Kollegin will ich für einen anstehenden Filmdreh die Deko bestellen. Der Laden ist überfüllt mit älteren Damen, alle äußerst geschäftig im Adventskranz- und Adventsgesteck-Modus.
Einen Spagat schaffe ich physisch nicht, also muss man den auch sprachlich nicht immer unbedingt hinbekommen. Wie etwa in der hiesigen Situation, dass man versucht, Thomas Gottschalk und Pablo Picasso im selben Blogbeitrag zu verarbeiten. Am Wochenende war er nach zehn für ihn wettenlosen Jahren zurück: Tommy moderierte im für ihn typischen alterslos-schelmischen Stil eine „Wetten, dass…“-Sendung, mit inzwischen 71 Jahren.
Neulich wollte ein Bekannter mich mitnehmen zu einer Party, bei der, wie soll man es unter Wahrung des Anstands formulieren, es eindeutig um die Anbahnung körperlicher Kontakte geht. Ich hatte mir schon im Second-Hand-Laden ein Outfit gekauft, ein wehendes Party-Flitter-Fähnchen, für meine Begriffe noch angezogen genug, um sowas mal auszuprobieren. Für Profi-Begriffe wahrscheinlich viel zu angezogen.
Zehn Jahre lang bin ich wie eine Besessene auf dem Spinningrad in die Pedale getreten. Mehrmals die Woche, morgens, abends, auf mehrstündigen oder gar ganztägigen Events am Wochenende. Nie ging es mir so gut wie mit geschlossenen Augen in den treibenden Beats, weiter, weiter, immer nur weiter – treten, schwitzen, keuchen, eine Grenze nach der anderen überwinden und stundenlang den Rausch der Endorphine genießen.
Zwölf Jahre gemeinsam, dann ein Jahr in Vereinzelung und am Ende: ein stickiger, staubiger, enger, braun-beiger Raum im Amtsgericht Köln. Schwere Vorhänge, im gefilterten Sonnenlicht wirbeln Staubpartikel. Anwesend: die Richterin, der Anwalt, der Mann (er ist immer noch der Mann, es gibt noch eine Widerspruchsfrist) und ich. Programmpunkt: Scheidung.
Kaltkalt. Kaltkaltkaltkalt. Warum um alles in der Welt ist Wasser so kalt? Weil der Mensch da nicht reingehört? Aber wo gehört er schon hin? In die Lüfte? A propos: Einatmen. Überhaupt atmen. Einatmen. Ausatmen. Luft holen – und los! Der schönste Moment: unter Wasser abstoßen vom Beckenrand und laaaaaaange gleiten. Dann geht das Bahnengerangel los.
Von Rimbach hat niemand je gehört. Außer den Erdenbewohnenden vielleicht, die wie ich zu Gast im ortsansässigen Hotel in dem kleinen Ort im Bayerischen Wald oder vielmehr: der Oberpfalz waren. Fast hätte ich Opferpfalz geschrieben. Hinter dem Hotel liegt der Hohenbogen, erreichbar über beschauliche Waldwirtschaftswegschleifen, die dem genervten Fuß nicht allzusehr zusetzen. Dafür wegen Ödnis der ebenfalls genervten Fußbesitzerin.









